Das Kamptal gehört zu den ältesten Kulturregionen Europas. Mit dem Kajak lassen sich die Sehenswürdigkeiten entlang des Flusses prima entdecken.

Roiten - Der Hansi Vogelhuber hatte es noch bei der Einweisung gesagt: „Bei Gewitter gibt’s nur eines - raus aus dem Boot und ab in den Wald.“ Aber da saß er im Trockenen, auf einer Wiese in einem Kajak, machte vor, wie man mit einem Bremszug das Boot wieder gerade ausrichten kann, wie man mit den Füßen noch Richtungsdruck ausübt, wie man überhaupt ein Paddel hält. Ein Dutzend Kajak-Aspiranten stand um ihn herum, und eine sengende Sonne leuchtete alles aus von einem makellos blauen Himmel herab. Die Szenerie ist bilderbuchhaft.

 

An einem Gegenhang türmen sich die steilen Mauern des Renaissance-Schlosses der Rosenburg auf, unten im Tal biegt träge ein Fluss um die Ecke - der Kamp. Hansi ist hier in dem Weiler Rosenburg aufgewachsen in der Nachkriegszeit. Zum Spielen hatten sie den Wald und das Wasser. Und dem Kamp ist er sein Leben lang treu geblieben, als Kajaksportler - und als Anbieter von Kajaktouren. Tausende von Touren hat er auf dem Wasser begleitet. Jetzt lässt er es ruhiger angehen. Martin und Jan, zwei junge Tschechen, führen diesmal die Gruppe ins Wasser. Doch aus dem Nichts haben sich dunkle Wolken herangeschoben, ein Wolkenbruch peitscht das Wasser auf, dann kracht der Donner.

Schnell die Boote ans Ufer und unter die Bäume. Eine Frau fragt verzagt: „Sollen wir nicht lieber zurücklaufen?“ Aber das geht nicht. Steil sind die Uferhänge, kein Weg, keine Straße weit und breit. Hier ist nahezu Wildnis pur. Der Kamp ist ein eher unbekannter und nicht sehr langer Fluss. Gerade mal 159 Kilometer windet er sich (deshalb nannten ihn die Kelten auch Kampos, den Krummen) durchs österreichische Waldviertel. Das ist fast schon eine Katastrophenregion, ökonomisch gesehen. Zwischen Donau und tschechischer Grenze eingeklemmt, hat sich hier nie eine nennenswerte Industrie angesiedelt. Wer jung und ausgebildet ist, sucht sein berufliches Heil meist außerhalb. Gerade deshalb ist das Waldviertel eine betörend mystische, ruhige Region mit einer Vielzahl attraktiver Szenerien. Das Kamptal hat sich in seinem Mittellauf zwischen Wegscheid und Rosenburg so in den Granitboden des Waldviertels gefräst, dass ein Canyon entstanden ist, wie man ihn sonst nur von südfranzösischen Schluchten kennt. Das Gewitter verzieht sich, die Kajaks schießen wieder durchs Wasser.

„Das ist hier wirklich sanfter Tourismus“

Das ist von Steinen und Felsen durchsetzt, um die die Strömung die Boote katapultiert. Hansi weiß schon, warum er seinen Gruppen Guides mitgibt. Immer wieder wirbelt das Wasser die Kajaks herum, und wenn es ein Boot quer an einen Felsen drückt, liegt man auch schon mal im Wasser. Zum Glück gibt es auch ruhigere Passagen. Dann kann man auf Blockhalden und Auwaldstreifen schauen, auf Felsen und eine Tier- und Pflanzenwelt, die Biologen wegen ihres Reichtums jubeln lässt. Wer sie beschaulicher genießen will, kann sie auch erwandern: von der Rosenburg aus auf einem Höhenweg, der ab der Flusswirtschaft Dunkler in Steinegg auch direkt dem Kamp folgt. Gerold Sprung ist dafür verantwortlich - der Obmann des Alpenvereins Horn: „Das ist hier wirklich sanfter Tourismus“, schwärmt er. Noch abgeschiedener ist das Tal des Kamps in seinem Oberlauf. Hier verkroch sich der Künstler Friedensreich Hundertwasser.

Nahe dem Dorf Roiten hatte er sich eine Sägemühle am Kamp gekauft und dort gemalt. Dann und wann zog er ins Dorf, hockte im Wirtshaus - und gestaltete den Roitenern ihr Dorfmuseum in seinem typischen Stil, der der Maxime gehorchte: „Die gerade Linie ist gottlos.“ Ein Häuschen neben dem Dorfmuseum, das Hoidahaisl, erinnert an den inzwischen verstorbenen Künstler. Zeichnungen auf Servietten sieht man dort zum Beispiel, schnelle, schöne Porträts der Dorfbewohner. Oder seinen Pyjama, den er in der Mühle den ganzen Tag anhatte. Das und anderes kann man zum Beispiel vom Museumsführer Anton Barth erfahren: „Er war ja ein eher bescheidener Mensch, der hat keine Starallüren gehabt.“

Anton Barth war früher der Greisler im Ort, also der Besitzer eines kleinen Ladens. „Da ist der Hundertwasser mit seinem Rucksackl gekommen und hat eingekauft. Brot, Milch, Marmelade, viel Suppen.“ Und man kann so manche Anekdote hören. Etwa vom Kauf der Mühle im Jahr 1965 für 70 000 Schilling (etwa 5000 Euro). Später wollte der Verkäufer den Preis nachbessern. „Du kannst eines von meinen Bildern aussuchen“, bot Hundertwasser ihm an. Der Verkäufer lehnte dankend ab: „Was soll ich mit dem Gekritzel.“ Über dem Kamp thront das Stift Altenburg, eines der faszinierendsten Klöster Österreichs. Das Stift war eine der Hauptbühnen des Barockmalers Paul Troger, berühmt durch sein Trogerblau. Ein gotischer Untergrund wurde inzwischen freigelegt, im Untergeschoss sind auch riesige Räume - etwa eine Krypta, ja schon ein ganzer unterirdischer Saal, ausgemalt mit einem gewaltigen Totentanz voller Gerippe. Ein Wirbel der Fantasie - wie die Wirbel des Kamps.

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Infos zum Waldviertel Österreich

Anreise
Über die österreichische Westautobahn A 1 bis Melk, durch die Wachau bis Krems, dann Richtung Langenlois, dort ist man im Kamptal.

Unterkunft
Vom Ferienhaus bis zum Tipi bietet alles die Ferienanlage Gallien nahe Horn, Infos unter www.gallien.at .

Sehr idyllisch wohnt man im Gasthof Dunkler in Steinegg, über www.wandern.com (Tel. 00 43 / 29 87 - 22 70). Gehoben ist das Schlosshotel Rosenau bei Zwettl, www.schlosshotel.rosenau.at

Kanutouren
Die Touren finden in der Regel am Wochenende und an Feiertagen statt. Die Tour von Steinegg nach Rosenburg kostet 40 Euro pro Person. Kontakt: Johann Vogelhuber, 3573 Rosenburg 38, Tel. 00 43 /(0) 2 98 23 73 52, www.flusswandern.com

Sehenswert/Ausflüge
Stift Altenburg: von 1. Mai bis 26. Oktober täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet, www.stift-altenburg.at

Dorfmuseum Roiten: Geöffnet Mai bis September, Freitag bis Sonntag und Feiertage von 14 bis 16.30 Uhr, www.dorfmuseum-roiten.at .

Vom Museum führt ein Wanderweg zur drei Kilometer entfernten Sägemühle. Das ehemalige Hundertwasser-Atelier ist in Privatbesitz und nur von außen anzusehen.

Allgemeine Informationen
Waldviertel Tourismus, www.waldviertel.at