Zehn Jahre nach dem Tsunami ist Südthailand längst wieder ein begehrtes Winterziel für Europäer. Wer nur im Hotel bleibt, verpasst das Beste

Bangkok/Khao Lak. So ursprünglich wie jetzt hat der Strand vor der Baumlinie schon seit Jahren nicht mehr ausgesehen. Keine Liegen, keine Sonnenschirmreihen, keine Buden. „Das wurde alles abgeräumt“, sagt Johan Magnussen, Resort Manager des Sunprime Hotels am Kamala Beach auf Phuket. Gerade in Touristenzentren hatte der Wildwuchs überhandgenommen, und nur wer die richtigen Leute kannte oder schmierte, durfte auf gute Einnahmen hoffen.

Damit ist es nun vorbei: „Jeder, der am Strand etwas verkaufen oder vermieten will, muss sich jetzt eine richtige Lizenz besorgen. Unsere neue Regierung hat die Gesetze zwar nicht geändert – aber sie sorgt dafür, dass geltende Regeln eingehalten werden“, erklärt ein einheimischer Fremdenführer.

Das klingt besser, als es ist. Denn die neuen Machthaber sind keine gewählten Demokraten, sondern Militärs, die sich im Sommer – wieder einmal – an die Macht geputscht haben. Ihnen wurde der vor allem in Bangkok ausgetragene Dauerstreit zwischen „Roten“ und „Gelben“, der das Land lähmte und nach wie vor entzweit, zu bunt. Selbst das Bild des weithin verehrten Königshauses hatte dabei manchen Kratzer abbekommen.

Inzwischen jedoch ist etwas Ruhe eingekehrt, wird wieder gearbeitet statt offen gestritten. Gewählt werden soll erst 2016, bis dahin müssen die Thais mit eingeschränkter Meinungsfreiheit, Militärregierung und Merkwürdigkeiten wie dem Verbot des Kinofilms „Tribute von Panem“ leben – dieser könnte, so heißt es, den einen oder anderen womöglich wieder auf revolutionäre Gedanken bringen.

Touristen aber – besonders jene, die nur ein oder zwei Wochen wärmende Tropensonne im europäischen Winter suchen – halten sich meistens aus der Tagespolitik ihrer Reiseländer heraus, jedenfalls dann, wenn nichts darauf hindeutet, dass der eigene Aufenthalt Unannehmlichkeiten oder gar Risiken mit sich bringt. So ist es derzeit auch in Thailand, vor allem im Süden.

„In Bangkok läuft es zwar noch nicht richtig rund, aber am Airport in Phuket sind die Zahlen besser als im Vorjahr“, sagt Thomas Maurer von Travel Center Asia. Seine Agentur organisiert für den Reisekonzern Thomas Cook das Incoming, kümmert sich also um die Hotels und Transfers der Gäste sowie Details vor Ort. Einzig die Russen werden seltener: Ihnen macht der schwache Rubelkurs zu schaffen.

Die Flutwelle im Jahr 2004 gehört zur schicksalhaften Historie der Region

Argumente für einen Winterurlaub in Südthailand lassen sich für deutsche Gäste trotz der rund zwölf Stunden dauernden Fluganreise nach wie vor leicht finden: Das Wetter ist angenehm warm – wenn es regnet, dann meistens nur kurz. Die Preise sind niedrig – vor allem außerhalb der Hotels, wo ein Essen meistens keine fünf Euro kostet. Die Menschen geben sich offen und hilfsbereit – ihre Freundlichkeit ist legendär. Dazu dürfen Reisende lange Strände, komfortable Unterkünfte und eine solide Infrastruktur erwarten, nicht nur auf Phuket, sondern auch in der jüngeren Urlauberregion Khao Lak.

Wer Ausflüge plant, hat die Wahl zwischen verschiedenen Inseln in der Andamanensee oder in der Phang-Nga-Bucht, es gibt aber auch spektakuläre Touren in den Dschungel des Khao-Sok-Nationalparks. Zum Shoppen und Bummeln empfehlen sich die chinesisch geprägte Altstadt von Phuket Town, die Amüsiermeile von Patong oder einer der vielen Märkte, besonders der große Naka Night Market am Wochenende. „Die Speisen der Garküchen dort kann man bedenkenlos essen, da grummelt später nicht der Bauch. Ich jedenfalls hatte damit noch nie Probleme“, sagt ein mitreisender Thailandkenner.

Dass viele Orte im Indischen Ozean am 26. Dezember 2004 Schauplatz einer Naturkatastrophe wurden, die auch rund um Phuket und Khao Lak Tausende Opfer forderte, darunter über 500 Deutsche, gehört zur schicksalhaften Historie dieser Region. Damals hatte es vor Sumatra ein Extrem-Beben der Stärke 9,1 gegeben. Daraufhin baute sich eine gigantische Flutwelle auf, die nicht nur in Indonesien ganze Landstriche verwüstete, sondern auch in Thailand, auf den Malediven und an der Küste Sri Lankas. Jetzt, zehn Jahre später, wird man am Jahrestag wieder des Unglücks gedenken – ansonsten aber ist das Thema weitgehend bewältigt oder verdrängt. Längst ist alles wieder aufgebaut, meist größer und schöner.

Ein- bis zweimal im Jahr werden bei Probealarmen Evakuierungen geübt, es gibt hinreichende Frühwarnsysteme und bessere Kenntnisse über die Vorboten eines Tsunamis. „Damals hat doch keiner gewusst, was es bedeutet, wenn sich so plötzlich das Meer zurückzieht“, sagt Reiseführerin Ying, die seinerzeit den Fluten entkam, weil sie den Strand schon ein paar Stunden zuvor verlassen hatte. Käme es – was in den nächsten Jahrzehnten als unwahrscheinlich gilt – wieder zu einem derart bedrohlichen Naturereignis, blieben Touristen und Einheimischen mindestens 90 Minuten Zeit, um sich in höher gelegenen Gebieten in Sicherheit zu bringen.

Zwar hat der Tsunami damals auch einige der bei Schnorchlern und Tauchern beliebten Riffe zerstört, größerer Schaden an ihnen entstand jedoch ein paar Jahre später durch eine mehrwöchige Phase hoher Wassertemperaturen, die im ganzen Indischen Ozean zu einer Korallenbleiche führte. Lohnt sich trotzdem noch eine Bootsfahrt zu den Unterwasserwelten der Similan-Inseln, die einst so berühmt für ihre Pracht waren? Um das herauszufinden, lassen wir uns gegen 8.15 Uhr im Hotel in Khao Lak abholen.

Der Shuttle bringt uns in 20 Minuten zum Anleger, wo bereits diverse Ausflugsboote warten, die meisten von SeaStar und heute offenbar ausschließlich mit Chinesen an Bord. Wir hingegen haben Tickets von Siam Adventure World und teilen uns das Boot mit Deutschen und ein paar anderen Europäern. Unser Tourguide heißt Claudia, kommt aus Österreich und fährt schon seit vier Jahren regelmäßig zu den rund 60 Kilometer entfernten Similan-Inseln. „Heute ist das Meer ruhig, da muss eigentlich keiner seekrank werden. Falls doch, habe ich alle Hilfsmittel hier vorne. Und bitte dran denken: Auf dem Wasser ist die Sonne sehr intensiv. Wenn ihr euch nicht gut eincremt, seht ihr am Abend aus wie gekochte Lobster.“

Drei Außenborder mit jeweils 250 PS treiben das Speedboat vorwärts, 80 Minuten dauert die Überfahrt. Zeit für Claudia, um einiges über die Inseln zu erklären: „Die Similans sind ein Nationalpark aus kleinen unbewohnten Eilanden, die üblicherweise von eins bis neun durchgezählt werden, weil die richtigen Namen so kompliziert sind. Nummer eins bis drei sind für Ausflugsboote ganzjährig gesperrt, Nummer vier bis neun dürfen wir in der Saison von November bis Mai anlaufen. Wenn wir Glück haben, können wir vielleicht eine Wasserschildkröte sehen.“

Und tatsächlich: Als wir beim ersten Stopp – heute an Insel acht – mit Schnorchel und Taucherbrille ins 28 Grad warme Wasser springen, dauert es nicht lange, bis einer der Bootsjungen „Turtle, Turtle!“ ruft. Es ist ein prächtiges Exemplar, das neugierig zwischen den Menschen umherschwimmt, wahrscheinlich, weil es darauf hofft, dass irgendjemand noch ein Stück Banane dabeihat. Damit lockt die Crew nämlich auch Fische an. Für uns aber gilt „nicht füttern und nichts anfassen“.

Was unter Wasser auffällt: Je länger man sich etwas abseits vom Trubel treiben lässt, desto mehr Fische gewöhnen sich an den menschlichen Eindringling und kommen zurück. Drückerfische, Kugelfische, Schmetterlingsfische, Kaiserfische, Barrakudas, Muränen, Seeschlangen? Was genau es alles war, kann man später an Bord anhand einer kleinen Fototafel rekapitulieren. „Das ist von den Fischen her besser als am Barrier Reef, auch wenn die Korallen hier nicht so toll sind“, sagt Martin, ein mitschnorchelnder Österreicher, erfreut.

Später, am Abend, ist sich die Gruppe einig: Der Ausflug hat sich gelohnt und ist sein Geld (ca. 80 Euro) wert, auch wenn es vielleicht noch etwas bessere Plätze zum Schnorcheln gibt, zum Beispiel Koh Rok südlich von Phuket oder die nördlich der Similans liegenden Surin Islands. Aber weil Tourguide Claudia dafür sorgt, dass das Thai-Picknick an einem einsamen Strand stattfindet und wir beim – tagsüber wirklich überlaufenen – „Donald-Duck-Felsen“ erst ankommen, als die meisten schon wieder auf dem Rückweg sind, haben wir nie das Gefühl, hier Naturerlebnisse als Massentourist erleben zu müssen, wie es bei billigeren Touren durchaus mal vorkommt.

Zurück im Hotel in Khao Lak, treffen wir Bekannte, die sich für einen Ausflug in den Khao-Sok-Nationalpark entschieden hatten. Auch sie sind begeistert: Es ging zu Fuß durch den Dschungel, mit Kanus und Flößen über den Stausee und am Schluss kopfüber ins ausnahmsweise mal nicht salzige Nass.

Wer Phuket oder Khao Lak zu touristisch findet, kann mit dem Boot auch zwei Inseln anlaufen, die sich schon dadurch abheben, dass die Bevölkerung dort fast vollständig muslimisch statt buddhistisch ist: Koh Yao Yai und Koh Yao Noi. Auf Letzterer sind wir mit Joris verabredet, einem Belgier, der hier seit einiger Zeit Touren mit dem Mountainbike anbietet. Zusammen strampeln wir bei 35 Grad Celsius und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit über die kleine Ringstraße, durchqueren Reisfelder und Kautschukplantagen.

In den Hütten am Straßenrand haben sich die Leute inzwischen daran gewöhnt, dass manchmal Farangs (Ausländer) mit Mountainbike und Fahrradhelm vorbeikommen – die Thais selbst allerdings fahren lieber mit dem Moped oder einem Tuk Tuk.

Auf Koh Yao Noi etabliert sich langsam ein sanfter Tourismus

Bislang lebten die Menschen auf Koh Yao Noi überwiegend von der Land- und Forstwirtschaft, langsam etabliert sich hier aber auch ein sanfter Tourismus. Anders als auf Phuket und in Khao Lak beschränkt der sich bislang aber nur auf Tagesausflüge sowie einige Pensionen und kleinere Hotels. Eines davon, das Paradise Boutique Hotel, liegt pittoresk am Hang in einer Bucht im Nordosten der Insel, wir sehen es, als wir mit dem Longtail-Boot einen Abstecher zum „Big Tree“ machen, einem riesigen und uralten Ficusbaum, der zusammen mit einem Dschungelpfad als lokale Sehenswürdigkeit gilt.

Hier, in der Phang-Nga-Bucht, spielen Ebbe und Flut eine wichtigere Rolle als an der Westküste. Es gibt Kajak-Touren, die nur bei Ebbe möglich sind: Vom Meer aus paddelt man – Kopf einziehen! – durch felsige Tunnel bis zu einer Lagune. Dort trifft man mitunter sogar auf wilde Affen. Nur mit Guides, die den Lauf der Gezeiten kennen, ist das ein ungefährliches Abenteuer, denn bei Flut laufen die Höhlen voll Wasser.

Unser Tagestrip mit Joris führt uns hingegen nach Koh Kudu, gleich gegenüber von Koh Yao Noi. Der menschenleere Strand dort ist umringt von den für Südthailand so typischen Kalksteinformationen, eine sieht sogar aus wie der berühmte James-Bond-Felsen, der tatsächlich aber woanders steht. Hier gibt es keine Hotels, keine Bars, und nur einmal ist in der Ferne das tiefe Knattern eines Longtail-Bootes zu hören. In den Bäumen des tiefgrünen Dschungels kreischen exotische Vögel, eine schiefe Palme spendet etwas Schatten.

Längst hat das Meer den Schweiß der Radtour abgespült, ein kühles Getränk für Erfrischung gesorgt. Was für einen besseren Platz könnte es geben im Dezember 2014?

Anreise: Von Hamburg z. B. mit Lufthansa oder Bahn nach Frankfurt und von dort mit Condor nach Phuket (www.condor.com).

Unterkünfte: Auf Phuket und in Khao Lak gibt es viele Hotels in Strandlage. Preisbeispiele von Thomas Cook bzw. Neckermann Reisen, jeweils pro Person eine Woche inkl. Condor-Flug: Sunprime Kamala Beach Resort Phuket, ab 1390 Euro; Sentido Graceland Khao Lak Beach Resort & Spa, ab 1367 Euro.

Essen und Trinken: Statt Halb- oder Vollpension zu buchen, sollte man lieber nur hin und wieder im Hotel und sonst in den lokalen Restaurants essen – sie gibt es überall, und dort ist es meistens deutlich günstiger.

Ausflüge: Bei Touren zu den Similian-Inseln, in den Khao-Sok-Park oder nach Koh Yao Noi nicht nur nach dem Preis gehen. Gute Erfahrungen machte der Autor mit Siam Adventure World und Khao Lak Land Discovery. Auch Reiseleitungen kennen die Anbieter.

Die Reise erfolgte mit Unterstützung durch Thomas Cook.