10.12.2019 | Umwelt & Gewässer

Umbau „Eisenbahn-Wehr“ auf der Fulda

In Paddler-Kreisen wird das Fulda-Wehr zwischen Löschrod und Ziegel „Eisenbahn-Wehr“ genannt; die offizielle Bezeichnung ist „Ziegelmühlenwehr“. Fische konnten das Sturz-Wehr nicht überwinden und die Befahrung mit Kajaks und Canadiern war – wegen des Tosbeckens – lebensgefährlich.
Umbau des Eisenbahn-Wehres

Ausgangssituation und Baubeschreibung:

Das südlich des Fuldaer Stadtteiles Bronnzell bei Fulda-Station km 188+385 gelegene Wehr diente der Überleitung von Wasser aus der Fulda, über einen Verbindungsgraben, in die Fliede und speiste ehemals die an der Fliede bei Station km 0+080 gelegene ‚Ziegelmühle’, welche nicht mehr in Betrieb ist.

Im Maßnahmenprogramm zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Hessen (FISMaPro) wird gefordert, auch am „Eisenbahn-Wehr“ die lineare Durchgängigkeit für aquatische Lebewesen wiederherzustellen (Maßnahmen-ID 69294) (HMUKLV 2016).

Nach eingehenden Diskussionen der aufgezeigten Lösungsvorschläge, wurde mit allen Beteiligten der Aufbau einer rauen Gleite mit Niedrigwasserrinne als zielführendste Lösung erachtet. Um auch den Wünschen des Kanu-Club-Fulda entgegen zu kommen, sollte bei dem Aufbau der Niedrigwasserrinne darauf geachtet werden, dass diese mit Kanus – insbesondere bei den internationalen Fulda-Kanu-Rennen – durchfahren werden kann. Hierbei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es klare Vorgaben für die Durchführung von Kanu-Wettkämpfen in dem Streckenbereich gibt. So wurde bei den Berechnungen berücksichtigt, dass diese erst ab einem Wasserstand von 100 cm am Pegel Hettenhausen ausgerichtet werden dürfen.

Unter dem Aspekt des Unterhaltungsaufwandes, als auch der Funktionalität, stellte der Aufbau einer rauen Gleite die zielführendste Lösung dar. Die Fulda weist aufgrund ihres Einzugsgebietes typischerweise große Schwankungsbreiten von Niedrig- zu Hochwasserabflüssen auf. Es wurde daher vorgesehen, eine gegenüber dem Gleitendeckwerk rund 30 cm tiefer liegende Niedrigwasserrinne mit Störsteinen anzuordnen, um in Trockenzeiten den Abfluss zu bündeln und die für die Fischwanderung erforderlichen Wassertiefen sicher zu stellen. Die Fulda im Planungsgebiet ist der Barbenregion zuzuordnen, so dass mittlere Fließgeschwindigkeiten in den Wanderkorridoren von 1,0 m/s sowie Energieeinträge von 160 W/m³ nicht überschritten werden sollen. Zudem sollen Fließtiefen von
ca. 0,50 m und Fließbreiten von mind. 0,70 m bei Niedrigwasser in dem jeweiligen Wanderkorridor sichergestellt werden (Anforderungen nach DWA-M 509).

Der Aufbau der rauen Gleite erfolgte aus autochthonem Steinmaterial, welches den
Anforderungen der DIN EN 13383 genügen musste. Die Zusammensetzung der Korngrößen ergaben sich aus den fachtechnischen Standsicherheitsnachweisen. Es wurden rund 650 to Wasserbausteine und rd. 190 to Block- und Riegelsteine in die raue Gleite eingebaut.

Die Ingenieurgesellschaft WAGU GmbH wurde Anfang 2016 durch den Magistrat der Stadt Fulda mit den Planungsleistungen beauftragt. Neben der Datenerhebung und Darstellung erster Planungsideen, erfolgte parallel unter Federführung des Tiefbauamtes der Stadt Fulda eine intensive Abstimmung des Vorhabens mit den zu beteiligenden Verbänden und Fachbehörden. Im Frühjahr 2017 wurden dann die Genehmigungsunterlagen bei der Unteren Wasserbehörde des LK Fulda mit der Bitte um Prüfung eingereicht. Parallel hierzu wurde durch den Magistrat der Stadt Fulda ein Antrag auf Kofinanzierung des Vorhabens aus dem Förderprogramm „Naturnahe Gewässer“ gestellt. Die Plangenehmigung wurde Mitte Juli 2018 erteilt. Nach Vorliegen der Förderzusage wurde die Ingenieurgesellschaft WAGU mbH Anfang 2019 mit den erforderlichen Arbeiten zur Vorbereitung der Ausschreibung und Betreuung der Bauarbeiten beauftragt. Aufgrund der Ausschreibungsergebnisse wurde die Fa. Giebel Tief- und Straßenbau KG aus 36132 Eiterfeld als Auftragnehmer für die Wasserbaumaßnahme ausgewählt.

Bauausführung:

Am 21.10.2019 wurde die Baumaßnahmen durch die Firma Giebel gestartet. Der zuständige Vorarbeiter, Herr Schmelz, richtete mit seinen Mitarbeitern oberhalb des Sturz-Wehres und kurz vor der Eisenbahnbrücke „Fischsperren“ aus Drahtkörben und Netzen ein.

Dann erfolgte das elektrische Abfischen. Etwa 170 Fische wurden mit Käschern aus dem Baubereich der Fulda gefischt und in einer Baggerschaufel gesammelt. Die größten Fische waren Barben, fast 50 cm lang. Aber auch Döbel, Bachforellen, Rotaugen, Gründlinge, Elritzen, Äschen, Bachschmerle und Groppen wurden „eingesammelt“. Die Fische wurden dann oberhalb der Baustelle wieder ausgesetzt.

Nach dem Verfüllen des Kolks, unterhalb des Sturz-Wehres, haben die Mitarbeiter der Firma Giebel die Sohlgleite ab der Eisenbahn-Brücke kontinuierlich ansteigend aufgebaut. Auf einer Länge von 50 m musste ein Höhenunterschied von 1,00 m überbrückt werden. Etwa 850 to Wasserbausteine wurden entsprechend der Vorgaben eingebaut und eine Niedrigwasserrinne profiliert. Besonders aufwändig war der Bau der Querriegel; jeder Stein wurde quasi von Hand ausgesucht und den Planungen entsprechend eingesetzt. Mit dem Vorarbeiter Schmelz saß ein echter Könner am Bagger, der die Steine, wie bei einem Puzzle, passend platziert hat.

Am 31.10.2019 bekam die neue Gleite ihren letzten Schliff. Alles wurde für die Bauabnahme vorbereitet.

Der erste Bootstest auf der Gleite erfolgte am 01.11.2019 durch Joshua Piaskowski vom Kanu-Club-Fulda. Leider wies der Pegel in Hettenhausen nur einen Wasserstand von 85 cm aus. Daher war das Paddeln nur mit „Aufsetzern“ möglich.

Aber bei einem Wasserstand > 100 cm sollte es klappen. Die Abnahme der Baumaßnahme erfolgte dann am 04.12.2019. Und nur 2 Tage später konnte bei einem Wasserstand von 127 cm eine gelungene Wasserführung festgestellt werden.

Von
Axel Sobirey (WAGU GmbH - Gesellschaft für Wasserwirtschaft, Gewässerökologie und Umweltplanung)
und
Harald Piaskowski

 

Skizze des Umbaus
Elektrisches Abfischen
Erstbefahrung durch Joshua Piaskowski
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