Auf einen Kaffee mit...
Am Ruder zu sitzen scheint in der Familie zu liegen

Auf einen Kaffee mit... Peter Wyss, der es nicht so sehr mit der Politik hat wie seine Schwester, die Regierungsrätin – dafür umso mehr mit bahnbrechenden Ideen für den Bootsplausch auf der Aare.

Urs Moser
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Peter Wyss demonstriert sein Gelenk-Paddel.

Peter Wyss demonstriert sein Gelenk-Paddel.

Solothurner Zeitung

Seit einigen Monaten und auch noch jetzt, wo der Winter wieder einmal Einzug zu halten scheint, ist auf der Aare in Solothurn jeden Tag ein ungewöhnliches Gefährt zu sehen. Das heisst: Ungewöhnlich ist ein Kajak ja eigentlich nicht. Aber die Art, wie dieses fortbewegt wird, schon. Das Boot gehört Peter Wyss aus Lüsslingen. Und der hat eine Erfindung gemacht, die das Paddeln revolutioniert, wie er findet. Das Boot hatte er vor Jahren von einem Kollegen aus einer Hausräumung geschenkt bekommen, aber bloss ein paarmal benutzt. Zu mühsam der Ein- und Ausstieg, die Paddeltechnik nicht eben das Zuträglichste für jemanden, der schon einmal einen Bandscheibenvorfall hatte.

Wyss ist ein Tüftler. Für den Spass auf der Aare hatte er nun diesen Sommer ein Floss auf der Basis einer alten Flugzeugbereifung konstruiert, als ihm auch das Kajak wieder in den Sinn kam. Und so machte er sich seine Gedanken. Zuerst musste eine Einrichtung her, mit der sich das Boot für den Einstieg vom Ufer und dem Ausstieg vom Wasser aus stabilisieren lässt. Und dann das Wesentliche: Eine Konstruktion mit einem beweglichen Gelenk, in der das Paddel fixiert wird. So lässt sich das Kajak ohne Mühe auch von einem Anfänger steuern, Körper und Boot bleiben ruhig. Man bringt gleichzeitig Zug und Druck auf das Paddel und kommt so mit geringerem Kraftaufwand zügig vorwärts und nicht ins Schaukeln.

Serienfertigung wäre das Ziel

Seit Wyss sein Boot so «getunt» hat, ist aus ihm ein begeisterter Kajakfahrer geworden. «Ich bin jeden Tag eine Stunde auf der Aare, das ist wie Psychohygiene ohne Gruppenzwang», sagt er in Anspielung auf die Kirschblütler, die in Lüsslingen seine Nachbarn, aber nicht unbedingt seine Freunde sind. Der gelernte Schmid pflegt einen eher eigenwilligen Lebens- und Arbeitstil, man kann ihn einen Lebenskünstler nennen. Ein Fantast ist er aber nicht. Wyss träumt nicht davon, mit seiner «Erfindung» reich zu werden, es wäre ihm auch zu aufwändig, eine Patentierung anzustreben. Aber mit etwas Publizität finde sich ja vielleicht schon ein Bootsbauer, der Interesse hat, die Konstruktion in Zusammenarbeit mit ihm zu kommerzialisieren. Beruflich lebt der seit 1987 Selbständige vor allem vom Bau selbst entworfener Möbelstücke, die Gartenlounge des «Soho Kosmos» (Schützenhaus) in Wangen a.A. stammt zum Beispiel von ihm.

Der Bruder der Regierungsrätin

Der Vater des Bauernsohns sorgte einst mit einem selbstgebauten Flugzeug für Furore, das tatsächlich vom Boden abhob. Handwerkliches Geschick und Erfindergeist wurden Peter Wyss also quasi in die Wiege gelegt. Dass dies seiner berühmten Schwester mit der Politik auch so ging, kann man nicht unbedingt sagen. Am Familientisch sei nicht besonders oft und intensiv politisiert worden, sagt der Bruder von Regierungsrätin Brigit Wyss. Einmal seien sie sich wegen der Fristenlösung so richtig in die Haare geraten, erinnert er sich (er stand auf der konservativen Seite), aber grundsätzlich hätten es die vier Geschwister gut gehabt zusammen. Heute sei der Kontakt eher lose, in der Wyss-Familie lasse sich keiner gern ins eigene Leben dreinreden. Aber wenn es darauf ankäme, dann würde man auch heute zusammenstehen, ist Peter Wyss überzeugt.

Er bezeichnet sich selber als «eher am Rand» an Politik interessiert. Aber wenn, dann steht er auf der grünen Seite und somit auf der seiner Schwester, für deren Regierungsarbeit er grossen Respekt zeigt. Früher seien Politiker noch Respektspersonen gewesen, mit all den Anfeindungen vor allem auch in den sozialen Medien sei es sicher viel schwieriger geworden in einem Amt. «Ich hoffe, sie steht das durch», zeigt sich der grosse Bruder (Peter ist ein Jahr älter als Schwester Brigit) schon fast fürsorglich. Wobei: Dieses Wochenende wäre wohl ein schlechter Zeitpunkt für ein familiäres Kaffekränzchen. Sonst könnte es vielleicht wieder krachen wie das eine Mal am elterlichen Tisch in den 70-ern: Sonst ganz bei den Grünen, hofft der «Erfinder» aus Lüsslingen am Sonntag auf ein Ja zur Selbstbestimmungsinitiative.