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Kanu-Touren Kein Herz für den Wassertourismus?

Bootsverleiher und Wasserwanderer auf der Bode gehen wegen der EU-Richtlinien auf die Barrikade. Ein Blick nach Staßfurt.

Von Bernd Kaufholz 16.07.2018, 01:01

Staßfurt l Boris Funda sitzt am erhöhten Bode-Ufer vor dem Wehr Rothenförde, einem Staßfurter Ortsteil, und schüttelt den Kopf. Die Holzstufen ins Wasser zerbröseln fast unter seinen Füßen. Das obere Brett liegt unbefestigt auf. „Das soll ein Ausstieg sein?“, regt er sich auf. „Machen hier Kanu-Wanderer einen falschen Schritt, wenn sie ihr Boot herausheben, um es ums Wehr zu tragen, liegen sie im Wasser. Höchste Verletzungsgefahr!“ Fundas Firma heißt zwar immer noch „Bode Tramp“, aber auf diesem Flüsschen sind seine Kanus schon seit einiger Zeit nicht mehr zu sehen. Er ist auf die Saale ausgewichen.

Matthias Regener von „Canoetrails“ hingegen kämpft wie eine Handvoll weiterer Anbieter gegen die Unbilden an. Er steht am Staßfurter Wehr, an dem nach EU-Wasserrichtlinien gerade ein Fischpass eingebaut wird, um Lachsen das Wandern zu ermöglichen. Der Ausstieg ist ein schilfbewachsene Stelle, der Wiedereinstieg eine unwirtliche, kleine Fläche 100 Meter weiter.

„150 Meter sind keine Seltenheit“, sagt Regener „und das mit vollbeladenen Kanus.“

Beide Anbieter nennen die Arbeitsweise des zuständigen Landesbetriebes für Hochwasserschutz „aktiv-tourismus-unfreundlich“. Die Art und Weise, wie die Fisch-Pässe an den Wehren umgesetzt würden, hätten „den Schick der 1970er Jahre“.

Andere Regionen wie Franken, Mecklenburg-Vorpommern, aber auch Kanu-Tourismus-Staaten wie Frankreich und Tschechien machten längst vor, wie man einen Kanu- und einen Fisch-Pass kombinieren könne.

Regener schwärmt von den knapp 90 Bode-Kilometern zwischen Ditfurth im Vorharz und Nienburg im Salzlandkreis. „Die ursprüngliche Landschaft, Eisvögel, Kormorane in der Luft, die Rehe am Bode-Ufer – etwas Schöneres kann man sich kaum vorstellen. Das bestätigen auch Kanu-Touristen, die aufgrund der schwierigen Bedingungen bei uns auf die Unstrut ausgewichen sind“, sagt Regener. „Kein Vergleich.“

Überall sei diese Form des sanften Urlaubs ein Wachstumsbereich. Manchmal würden sich ganze Schulklassen und bis zu 100 Firmenmitarbeiter anmelden, um sich auf dem Fluss zu bewegen. „Etwa 60 Prozent der Kanu-Touristen lassen sich Ausflüge von einem Anbieter organisieren, einschließlich Zelt-Übernachtungen, 40 Prozent fahren auf eigene Faust los“, weiß Funda.

Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) teilt indes mit, dass „die Aktivitäten, die Bode touristisch zu erschließen, in Kooperation mit den drei betroffenen Landkreisen verstärkt“ werden. Verwiesen wird auf eine entsprechende „Absichts- und Willenserklärung“.

Der LHW bringe sich „als Kooperationspartner innerhalb der Arbeitsgruppe Wassertourismus“ im Salzlandkreis „in Bezug auf die Umsetzbarkeit von Ein- und Ausstiegen für Wasserwanderer mit ein“.

Konkret heißt es zum Wehr Rothenförde: Dort werde der vorhandene Ausstieg in Abstimmung mit dem „Blaue Band e. V.“ durch eine breite Freitreppe als Kanuausstieg ersetzt. „Die Planungen sind beauftragt.“

Auch am Wehr Staßfurt werde es Veränderungen geben. „In Abstimmung mit Stadt und Landkreis werden am linken Ufer Ein- und Ausstiege inklusive Beschilderung entstehen.“

Am „Wehrstandort Egeln-Nord“ wird die Möglichkeit eines kombinierten Fisch-Kanu-Passes geprüft.

Sollte der Umbau des Oschersleber Wehrs genehmigt werden, entfalle dort das „Umtragen“ der Boote.

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