02.08.2017 | Kanu (Allg.)

Freya Hoffmeister: Finish mit Endspurt

Freya Hoffmeister hat die erste, knapp 4.000 km lange Etappe ihrer "Arctic-Runde“ geschafft.
Gestartet war sie am 25.3.17 in Seattle (USA). Ihre Route verlief überwiegend seeseitig entlang der Küste von Kanada und Alaska. Der Zielort ihrer ersten Etappe war beim Start noch nicht bekannt und hing letztlich von den anzutreffenden Gewässerbedingungen ab. Die Wetterlage erlaubte es ihr schließlich, bis zur Kodiak Island zu paddeln und nach einem für Freya typischen Endspurt am 30.07.17 im Ort Kodiak nach insgesamt 128 Fahrtentage und 90 Paddeltag anzulanden.

Kartenskizze: Rund Nordamerika
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An ihrem letzten Tag gab Freya nochmals alles. Um 4.20 Uhr ging es aufs Wasser und um 20.10 Uhr abends betrat sie endgültig Land. Dazwischen lagen nicht nur 15:50 Std. paddeln, sondern auch 77 km. Gratulation „my elderly lady“ (53). Das schafft nicht jeder mit Ü 50 und sicherlich auch keiner mit U 50!?

Ja, was Freya da leistet ist schier unvorstellbar und eigentlich nicht nachahmenswert. Wer ist schon bereit, sein Leben fast ausschließlich dem „Küstenkanuwandern“ zu „opfern“. Praktisch durchpaddelt Freya im 2 bis 3-Wochen-Takt ein Revier nach dem anderen. Von jedem einzelnen dieser Reviere träumt zumindest jeder leidenschaftliche Küstenkanuwanderer. Ein Fahrtenbericht über ein jedes dieser Reviere würde von jeder Kanu-Zeitschrift sofort abgedruckt werden.

Was nun?

Im Juni 2018 wird Freya wieder nach Kodiak zurückkehren, um ihre Umrundung des nördlichen Teils von Nordamerika fortzusetzen. Dieses Jahr wurde sie hintereinander von vier Kanutinnen bzw. Kanuten für 1 bis 2 Wochen begleitet. Damit wollte sie zur Völkerverständigung mit beitragen, auch wenn sie das nicht nötig hat; denn dass Freya nur ihr „Ding“ dreht und alles, was um ihr herum passiert, ignoriert, kann ihr keiner vorwerfen. Wie sonst ist es zu verstehen, dass es Freya gelingt, spätestens nach 2 Woche eine Familie zu finden, die ihr für 2 bis 3 Tage ein Dach über ihren Kopf anbieten, um sich zu regenerieren und auf die nächste Zwischenetappe vorzubereiten!?

Freya hat an ihren Begleiterinnen und Begleitern Gefallen gefunden und ruft jetzt schon dazu auf, sich bei ihr zu melden, falls Interesse dazu besteht, mit ihr durch dick & dünn zu paddeln. Mich selbst hat sie auch schon – natürlich nicht ganz ernsthaft – gefragt „Na, Udo, wie wär’s? Später kommen noch Passagen mit weniger Seegang … aber dann bist Du schon 80!“ – „.. und Du schon 60!“, war meine Antwort.

Freya, die eingefleischte „Solo-Paddlerin“, ja sie ist zur „Klein-Gruppen-Paddlerin“ mutiert. Nun, an den beiden Lebensweisheiten: „Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelt Freude!“ ist schon etwas dran. Jeden Tag Nudeln mit Tomatensoße zu essen, fällt einem sicherlich leichter, wenn man sich das Essen mit einem zweiten teilt. Und jeden Tag Seeottern, Seelöwen, Seeadler, Braunbären, Walfische und „Kaventsmänner“ zu erleben, ist sicherlich auch bereichernder, wenn man diese Erlebnisse mit jemanden teilen kann.

Wie geht es nun weiter mit ihr? Ganz so klar hat sie sich dazu noch nicht geäußert. Entweder paddelt sie noch ein, zwei Monate entlang ihrer „Subtropic“-Passage (mit Start von Seattle aus) oder sie fliegt gleich zurück nach Deutschland, um dann im Neuen Jahr mit neuen Kräfte sich vier Monate der Südrunde zu widmen, bevor sie dann im Juni 2018 wieder die Nordrunde in Angriff nimmt.

Expeditionsprognose!

Nun, die Südrunde wird Freya schon meistern. Dass sie Hitze aushalten kann, hat sie bei ihrer Umrundung von Südamerika bewiesen. Was jedoch die Nordrunde betrifft, bin ich mir nicht so sicher, ob sie das wirklich aushält. Hat sie doch jetzt schon an kalten Füßen und Händen gelitten … und dazu kommt noch die Lösung des Versorgungsproblems und die Überwindung von Packeispassagen. Aber Freya wäre nicht Freya, wenn es ihr nicht gelänge, ein paar Männern zu überreden, ihr per Flugzeug die nötige Verpflegung nachzuschicken … und das Packeisproblem ist auch nicht unlösbar. Sie muss nur ein paar Inuits finden, die bereit sind, ihre Hunde vor Freyas Seekajak zu spannen!?

Text: Udo Beier
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