Die Wintermonate offerieren atemberaubende Aussichten auf den Brienzersee. Umgeben von schneebedeckten Bergen die sich im planen Wasser spiegeln, lässt es sich mit dem Kajak noch intensiver geniessen. Die Hightide Kajakschule in Bönigen paddelt nicht nur im Sommer, sondern auch zur kalten Jahreszeit. Diese Zeitung schickte Redaktorin Lia Näpflin aufs kühle Nass, wo sie die Schönheit des Winters einmal ganz anders erlebte.
Mit der Liebe zur Natur
Im Sommer herrscht auf dem See Hochbetrieb. Bei der Tour am Donnerstagmorgen war Guide Maria Mäenpää mit ihren drei Gästen ganz alleine auf dem Wasser. «Mäenpää» bedeutet «Bergspitze» auf Finnisch. Mit dem Familiennamen der Finnin, die seit August in der Schweiz lebt, wurde ihr also die Leidenschaft zur Natur in die Wiege gelegt. Mäenpää ist eine der sechs Angestellten der Kajakschule. Im Winter ist sie, zusammen mit Chef Dave Storey, jedoch die einzige, die Touren auf dem See macht.
Storey erfüllte sich 2013 mit der Eröffnung der Kajakschule seinen lang ersehnten Traum. Er ist in England, nahe dem Meer, aufgewachsen und seit seiner Kindheit ein passionierter Paddler in verschiedenen Kajakdisziplinen.
Paddeln über die Grenzen hinaus
Die Hauptaktivitäten von Hightide finden im Raum Interlaken auf dem Brienzer- und Thunersee statt. Zum Angebot gehören jedoch auch Touren zu anderen Seen der Schweiz und Reisen über die Landesgrenzen hinaus. Die Schule bietet regelmässige Trainings und Weiterbildungen im Seekajaking sowie auch Kajakfahren im Wildwasser- und Surfbereich an. Heuer erstmals im Angebot ist das Winter-Paddeln.
Wir paddeln bei jedem Wetter
Der Girlstrip
Hightide ist weit und breit die einzige Adventure-Firma, die, auch wenn es schneit und stürmt, in den See sticht. Dieses Abenteuer liessen sich die drei Studentinnen Emily, Lindsay und Meghan nicht entgehen. Zusammen besuchen sie für ein Semester eine Universität in Frankreich, leben jedoch in den USA und Kanada. Während den Semesterferien machen sie eine kleine Reise durch Europa, wobei sie eine Woche in Interlaken verweilen.
Warme Socken ein Muss
Bevor Kajak Guide Mäenpää die wasserdichten Anzüge verteilte, riet sie ihren Gästen, die dicken Socken, die auf dem Tresen liegen, anzuziehen. «Die Füsse sind das einzige, was so richtig kalt werden kann», betont sie. Das Anziehen des Anzuges benötigt die Hilfe einer weiteren Person. Die Reissverschlüsse sind zäh zu schliessen. Mäenpää riet ihren Gästen, sich zusammenzukauern, damit die Luft aus dem Anzug drängt – es fühlte sich an, als würde er sich an den Körper saugen.
Fünf gelbe Minions
Ausgerüstet mit Schwimmweste, Paddel und speziellen Überzügen für die Hände, ging es in den Hinterhof der Kajakschule. Die drei Girls, die wie Minions aussahen, watschelten ihrem Guide hinterher. Jeder Teilnehmer des Trips erhielt ein von der Grösse für ihn passendes Kajak zugeteilt. Diese galt es, zu zweit zum Wasser zu schleppen.
Ab aufs Wasser
Nach ein paar Sicherheitsanweisungen und Tipps ging es endlich aufs Wasser. Mit einem kleinen Schupps glitt das Kajak vom Land über den Sand des Ufers ins Wasser. In der ersten Sekunde galt die Aufmerksamkeit vollumfänglich dem Gleichgewichtssinn. «Hampelt nicht so rum, verhaltet euch ruhig», sagte die Instruktorin, währenddem sie sich mit ihrem Paddel vom Land wegstiess.
Keine Seele weit und breit
Unglaublich, diese Stille. Einzig ein paar Möwen stritten sich in der Ferne um ein Stück Brot – sonst war es muxmäuschenstill. Während dem Paddeln erklärte Mäenpää ihren Gästen, woher das Wasser in den Brienzersee fliesst und wie die Berge in der Umgebung heissen. Ebenfalls informierte sie die drei Studentinnen über weitere Outdoor-Aktivitäten. Diese waren ganz erstaunt über die vielen Möglichkeiten in der Region.
Es ist eines der schönsten Gefühle, wenn man mit ein paar Leuten alleine auf dem Wasser treibt
«Pöiseli» auf der Burg
Die grosse Pause mit Keksen und warmem Tee wurde ganz oben auf der Burgruine in Ringgenberg gemacht. Die Sonne prallte auf die Anzüge, dass es einem schon fast warm wurde. Zurück im Kajak, erklärte Mäenpää, dass es nicht immer so angenehm sei wie bei diesem Trip. «Wir gehen bei jedem Wetter raus.» Egal ob es schneit, stürmt oder regnet: die Kajakschule «Hightide» ist wetterresistent. Auch wenn der Nebel über dem Wasser schwebt, kann dies für Abenteuer der speziellen Art sorgen, berichtet die Finnländerin.
Zurück am Ufer können sich die drei Studentinnen vor Freude kaum noch erholen. «Es war so wunderschön», sagen die drei, währenddem sie übers Wasser blicken.
Wer denkt, Kajakfahren sei nur etwas für den Sommer, der liegt falsch. Wenn man eine dicke Haut hat und Winter und Wasser mal anders erleben will, der steigt in den gelben Anzug und paddelt mit «Hightide» über den Brienzersee.