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Tückische Elbe

Zweimal hintereinander kentern Kanus in Bad Schandau an derselben Stelle. Lauern im Oberlauf besondere Gefahren?

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© Daniel Förster

Von Marko Förster, Carina Brestrich und Thomas Möckel

Bad Schandau. Lange Zeit war es ruhig auf der Elbe. Der Fluss dümpelte die meiste Zeit in diesem Jahr im Niedrigwasser-Modus, besondere Vorkommnisse gab es keine. Am Beginn dieser Woche hat sich dieser Zustand allerdings geändert. Gleich zweimal hintereinander verunglückten Boote auf der Elbe.

Rettungskräfte bergen am Dienstag das gekenterte Kanu. Das Boot war gegen eine rote Wassertonne gefahren und umgekippt. Dort hatte es sich derart in der Tonne verfangen, dass es erst nach einer Weile gelang, es zu befreien.
Rettungskräfte bergen am Dienstag das gekenterte Kanu. Das Boot war gegen eine rote Wassertonne gefahren und umgekippt. Dort hatte es sich derart in der Tonne verfangen, dass es erst nach einer Weile gelang, es zu befreien. © Repro: Marko Förster

Im aktuellen Fall kenterten zwei Paddler am Dienstagnachmittag. Sie waren mit ihrem Kanu in Bad Schandau in Höhe der alten Elbbrücke, wo der Lachsbach in die Elbe mündet, gegen eine rote Wassertonne gefahren und umgekippt. Die beiden Insassen fielen dabei ins Wasser. Es gelang den beiden Urlaubern aus Mainz allerdings, aus eigener Kraft zum Ufer zu schwimmen und sich an Land zu retten, noch bevor die Feuerwehr eintraf, um das Boot zu bergen. Die Paddler blieben unverletzt. Die Feuerwehr ließ im Anschluss zwei Boote zu Wasser, Einsatzkräfte bargen die persönlichen Gegenstände der Urlauber aus dem gekenterten Kanu. Das verunglückte Boot hatte sich derart an der Tonne verfangen, dass es zunächst in der Elbe bleiben musste.

Innerhalb von zwei Tagen war das schon der zweite Unfall: Erst am Montag waren ein Vater und seine beiden Söhne mit dem Schrecken davon gekommen. Fast an derselben Stelle waren die Hamburger mit einem Kanu in die Wellen eines Raddampfers geraten und umgekippt. Die drei Passagiere, die alle Rettungswesten trugen, konnten sich selbstständig an Land retten. Anwohnern gelang es, die Sachen der Kanuten aus dem Wasser zu fischen. Der etwa 40 Jahre alte Mann sowie die etwa acht und elf Jahre alten Jungen waren zwar durchnässt und leicht unterkühlt, mussten aber nicht ins Krankenhaus.

Kai Bigge, der Chef der Stadtfeuerwehr Bad Schandau, ist froh, dass beide Einsätze glimpflich ausgingen. Rund 20 Kameraden der Wehren aus Bad Schandau, Rathmannsdorf, Prossen, Krippen, Stadt Wehlen und Königstein waren am Dienstag vor Ort. Der Chef der Stadtfeuerwehr Bad Schandau glaubt, dass gerade Urlauber die Elbe unterschätzen: „Der Fluss hat seine Tücken“, sagt er. Die hohe Strömung, der unebene Untergrund, Hindernisse und andere Wasserfahrzeuge – gerade Auswärtige würden die Gefahren und die Eigenheiten des Wassers nicht kennen. „Deshalb braucht es an den Verleihstationen eine gute Aufklärung“, sagt Kai Bigge.

Rettungswesten dringend empfohlen

Ausgeliehen hatten die beiden jüngst gekenterten Paddler ihr Boot bei Kanu Aktiv Tours. Die Sicherheit sei dort oberstes Gebot, betont der Bootsverleiher aus Königstein. Wie jeder, seien auch die Paddler über die Gefahren und Verhaltensregeln auf der Elbe aufgeklärt worden: „Die Kunden werden von einem Mitarbeiter eingewiesen und schließen mit uns einen Vertrag ab. So bekommen sie die Hinweise auch noch einmal schriftlich“, sagt Geschäftsführer René Hofmann.

Warum genau den Paddlern die Boje zum Verhängnis wurde, kann Hofmann zwar nicht sagen. Allerdings weiß er aus seinen 19 Jahren Berufserfahrung um die vielen Fehler beim Paddeln.

Meist fangen die schon bei der Wahl des Bootes an: „Nicht alle unsere Boote sind für Anfänger geeignet. Wir können aber nur Empfehlungen aussprechen, die Kunden nicht zwingen“, sagt Hofmann. Außerdem, so sagt er, rührten viele Unfälle von Selbstüberschätzung und Leichtsinn her: „Selbst wenn das Paddeln ein Vergnügen sein soll, muss man aber auf dem Wasser trotzdem aufmerksam und konzentriert sein“, sagt Hofmann.

Und neben dem Paddel-Spaß gibt es durchaus einige Regeln, die Bootsfahrer beachten sollten. Zwar gebe es laut der Wasserschutzpolizei kein Mindestalter, ab dem Kanus oder Schlauchboote ohne Motorantrieb gefahren werden dürfen. Allerdings sollte der Bootsführer schon körperlich und geistig in der Lage sein, ein solches Boot sicher zu steuern. Im übrigen dürfen Ruder- oder Schlauchboote nicht an Kinder unter zwölf Jahren vermietet werden.

Wer dann im Boot sitzt, tut gut daran, Rettungswesten zu tragen, auch wenn dazu niemand verpflichtet ist. Die Wasserschutzpolizei empfiehlt aber, Schwimmwesten überzuziehen. Sie helfen – wie im Fall des gekenterten Bootes am Montag – Leben zu retten.

Generell sollten sich potenzielle Freizeitkapitäne von Kanus und Schlauchbooten vor der großen Fahrt darüber schlaumachen, welche Regeln auf dem Wasser gelten. Die Grundsätze sind in der Binnenschifffahrtsstraßenordnung nachzulesen – beispielsweise, welche Promillegrenzen für Bootsführer gelten und wer an welcher Stelle Vorfahrt hat.

Schiffsverkehr wird unterschätzt

Die Wasserschutzpolizei kontrolliert regelmäßig, ob die schifffahrtsrechtlichen Regeln eingehalten werden. Sie kooperiert zudem mit Wassersportvereinen und klärt auch bei Großveranstaltungen und Wassersportmessen über die Regeln auf dem Wasser und mögliche Gefahren beim Bootsfahren auf. Von denen gibt es im Oberlauf der Elbe durchaus einige.

Generell hat die Wasserschutzpolizei beobachtet, dass der Fluss gerade bei Freizeit-Bootsfahrern unterschätzt wird. Vielen sei nicht bewusst, dass es sich bei der Elbe um eine Bundeswasserstraße handelt, auf der auch Fahrgastschiffe und Schuberverbände mit einer Länge von bis zu 100 Metern verkehren. Die im Vergleich zu anderen Flüssen relativ hohe Fließgeschwindigkeit und die bei Niedrigwasser geringe Fahrwasserbreite erfordern von Bootsführern eine hohe Aufmerksamkeit und Erfahrung – vor allem im Begegnungsverkehr mit anderen Schiffen.

Zudem müssen sich die Bootsführer von kleineren Booten darauf einstellen, dass sich an den Fahrwassertonnen regelmäßig ein starker Sog bildet – und diese Tonnen daher in gebührendem Abstand umfahren werden sollten. Nach Auskunft der Wasserschutzpolizei sei es generell verboten, Boote an Fahrwassertonnen und Schifffahrtszeichen festzumachen.